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Krienser Stadtrat will auf Rentenlösung verzichten

Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt statt Rentenlösung: Der Krienser Stadtrat schlägt die Abkehr vom heutigen System vor und will zukünftig auf eine Rentenlösung verzichten.

Lohnfragen werden in der Schweiz aus Tradition emotional diskutiert. Lohnfragen von Persönlichkeiten in öffentlichen Ämtern ohnehin. Vor dieser Frage stand auch der Krienser Stadtrat in den vergangenen Jahren verschiedentlich. Der neue Stadtrat hat sich dieser Thematik jetzt angenommen. Zum einen aufgrund eines pendenten politischen Geschäftes im Einwohnerrat. Zum anderen, weil er der Überzeugung ist, dass das System der Rentenlösung nicht mehr zeitgemäss ist. Die Tatsache, dass mit der Jahresrechnung die finanziellen Auswirkungen dieses Systems, hervorgerufen durch die politischen Veränderungen in der Krienser Exekutive, nun in Zahlen (Ruhegehälter, Abgangsentschädigungen) sichtbar werden, hat ihn zusätzlich zum Systemwechsel bewegt. Der Stadtrat formulierte sich deshalb seinen Auftrag neu und legt dem Einwohnerrat an der Sitzung vom 11. März 2021 nicht einfach eine Neufassung des angefangenen Besoldungsreglements vor. Er schlägt zwei komplett neue Reglemente vor:

  • Reglement über das Dienstverhältnis
    Der Ersatz für das bisherige Besoldungsreglement schafft zeitgemässe Anstellungsbedingungen für Mitglieder des Stadtrates. Dazu gehört, dass die fünf Stadtratsmitglieder zusammen weiterhin 400 Stellenprozente belegen, der Stadtrat jedoch eine gewisse Flexibilität behält. Damit soll der vermehrt strategischen Ausrichtung der Stadtratstätigkeit Rechnung getragen werden. Die Berufsauslagen werden weiterhin pauschal abgegolten, neu aber nicht mehr in Prozenten der Besoldung, sondern als fixe und damit begrenzte Beträge.
    Bei den Neben- und Zusatzeinkünften wird eine klare Regelung vorgeschlagen: Wird ein Stadtratsmitglied vom Gremium in eine Aufgabe delegiert, ist dies Teil des Stadtratspensums, eine allfällige Entschädigung gehört zum grossen Teil der Stadt. Wird ein Mitglied durch eine Volkswahl für ein politisches Mandat gewählt, ist dies ein Zusatzauftrag, dessen Vergütung beim Stadtrats-Mitglied bleibt. Weitere berufliche Engagements der Stadtratsmitglieder in der Privatwirtschaft sind nur möglich, wenn das Stadtrats-Pensum kein Vollamt ist und die Nebenbeschäftigung die Stadtrats-Tätigkeit nicht beeinträchtigt. In diesem Fall bleibt das erwirtschaftete Einkommen beim Stadtratsmitglied. Bei Unstimmigkeiten über die Auslegung des Reglements soll neu die einwohnerrätliche Kommission für Finanzen und Gemeindeentwicklung (KFG) entscheiden.
  • Reglement zur Pensionsordnung des Stadtrates
    Anstelle des heutigen Systems (Überbrückungsrente bis zum ordentlichen Pensionsalter) tritt neu ein System, welches einzig und allein die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zum Ziel hat und sich an der Anzahl Dienstjahre bemisst. Dabei sollen, wenn immer möglich, Instrumente zur Anwendung gelangen, welche auch in der Privatwirtschaft für Führungskräfte zum Einsatz kommen. Mit Ausnahme einer AHV-Ersatzrente werden keine neuen Rentenansprüche mehr begründet. Stattdessen wird auf das in der Schweiz bewährte System der BVG-Vorsorge abgestützt.

Bewegte Vorgeschichte

Der heutige Vorschlag hat eine lange Vorgeschichte. Aufgrund einer Gemeindeinitiative, welche vom Einwohnerrat angenommen wurde, sanken die Bezüge des Stadtrates auf einen Betrag von Fr. 160'000 pro Jahr für ein 80 %-Pensum. Dennoch blieb das Thema in der Krienser Politik in den vergangenen Jahren präsent. Nach Fragen zu den Pensen (aktuell sind alle Mitglieder des Stadtrates bei einem 80 %-Pensum) rückte in der letzten Legislatur die Frage der Entschädigung wieder in den Mittelpunkt. Grund dafür war hauptsächlich die Frage, welche Einnahmen aus Zusatztätigkeiten in Behördengremien oder Verwaltungsräten den Stadtrats-Mitgliedern und welche der Stadt gehörten.

2019 und damit in der letzten Legislatur nahm der Stadtrat einen Anlauf zu einer Lösung. Er schlug dem Parlament eine Erhöhung auf 5 Vollpensen sowie eine Klärung der Fragen von Nebeneinkünften vor. Das Parlament wies diesen Vorschlag aber mit 16:11 Stimmen zurück. Der Stadtrat setzte danach eine Arbeitsgruppe ein, die einen neuen Vorschlag ausarbeiten sollte. Soweit aber kam es nicht: Im Frühling 2020 setzte diese ihre Arbeiten aus. Zum einen coronabedingt, zum anderen aber auch, weil sich damals ein Umbruch in der Exekutive abzuzeichnen begann. Die Lösung der offenen Fragen solle in der neuen Legislative und in neuer Zusammensetzung gefunden werden, wurde damals beschlossen.

Vergleich zeigt Vorteile für die Stadt

Das tat dieser per 1. September 2020 auf allen fünf Positionen erneuerte Stadtrat nun. In seiner Herangehensweise wählte er einen anderen Weg und suchte eine Lösung, welche der städtischen Politik neue Möglichkeiten eröffnen soll. Der neue Ansatz soll es nämlich ermöglichen, dass Mitglieder des Stadtrates nicht mehr bis ans Ende ihrer Berufstätigkeit im Amt bleiben «müssen». Vielmehr können Sie einen Teil ihrer Schaffenszeit für die Stadtpolitik einsetzen und bekommen nach einem Rücktritt Zeit und Mittel, um die Rückkehr in den alten Beruf oder in eine neue berufliche Tätigkeit vorzubereiten. Dies würde die Chancen der Parteien erhöhen, bei Vakanzen vor Wahlen insbesondere auch jüngere Kandidierende für ein Exekutivamt zu gewinnen.

Der neue Vorschlag bringt für die Stadt finanzielle Entlastungen. Das zeigt eine theoretische Vergleichsrechnung. Für die bisherige Überbrückungsrente bzw. Abgangsentschädigungen der fünf Stadtrats-Mitglieder, die per Ende August ausgeschieden sind, werden in der Jahresrechnung 2020 gemäss heute geltenden gesetzlichen Bestimmungen insgesamt 3.4 Mio. Franken ausgewiesen. Dabei handelt es sich um einen Maximalbetrag, der reduziert wird, wenn die ehemaligen Stadtratsmitglieder wieder ein Einkommen erzielen, welches zusammen mit der Rente höher als die Stadtratsentschädigung ist. Nach dem jetzt vorgeschlagenen Systemwechsel würde es die Stadtkasse noch rund 1 Mio. belasten – also zwei Drittel weniger.

Die neue Regelung ist zukunftsorientiert – für die ehemaligen Gemeinde- oder Stadtrats-Mitglieder hat die Änderung keine Konsequenzen.

Kommt eine Amtszeitbeschränkung?

Der Stadtrat hat auch eine Amtszeitbeschränkung diskutiert und würde eine solche, begrenzt auf maximal vier Legislaturen, grundsätzlich begrüssen. Dies setze aber eine Revision der Gemeindeordnung voraus, was ihn dazu bewog, diese Frage zu einem späteren Zeitpunkt zu klären. Falls der Einwohnerrat eine Amtszeitbeschränkung einführen möchte, soll dies mit der nächsten Revision der Gemeindeordnung geschehen.

Neuland – aber nur im Kanton Luzern

Der Vorschlag der Krienser Stadtregierung ist im Kanton Luzern einmalig. Die Ausrichtung der Reglemente der Verwaltung auf Mechanismen des privatwirtschaftlichen Arbeitsmarktes ist in anderen Regionen der Schweiz bereits Alltag. Der Krienser Stadtrat ist überzeugt, dass sein Vorschlag Vorteile auf allen Ebenen bringt. Gleichzeitig sichert er die spezielle Situation eines Exekutivamtes ab: Stadtratsmitglieder müssen sich alle vier Jahre einer Volkswahl stellen. Dem damit verbundenen Risiko einer Abwahl trägt das neue System Rechnung.

 

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